Der für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27.11.2012 abschließend über die Patentierung von Zellen entschieden, die aus menschlichen Stammzellen hergestellt werden. Das seit dem Jahr 2008 geführte Verfahren ist damit in letzter Instanz abgeschlossen.
Das Patent, dessen Rechtsbestand zu beurteilen war, wurde am 19. Dezember 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und von diesem am 29. April 1999 erteilt. Es betrifft so genannte neurale Vorläuferzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten bei Tieren und Menschen. Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Behandlung mit Vorläuferzellen eine Alternative zu der im Stand der Technik bekannten Transplantation von Nervenzellen dar. Die für die Transplantation eingesetzten Nervenzellen seien vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen worden. Als Ausgangsmaterial für die vom Patent geschützten Vorläuferzellen dienen demgegenüber embryonale Stammzellen. Diese können nach den Ausführungen in der Patentschrift unter anderem aus Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium gewonnen werden, was mit der Zerstörung der Embryonen verbunden ist.
Der für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27.11.2012 abschließend über die Patentierung von Zellen entschieden, die aus menschlichen Stammzellen hergestellt werden. Das seit dem Jahr 2008 geführte Verfahren ist damit in letzter Instanz abgeschlossen.
Das Patent, dessen Rechtsbestand zu beurteilen war, wurde am 19. Dezember 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und von diesem am 29. April 1999 erteilt. Es betrifft so genannte neurale Vorläuferzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten bei Tieren und Menschen. Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Behandlung mit Vorläuferzellen eine Alternative zu der im Stand der Technik bekannten Transplantation von Nervenzellen dar. Die für die Transplantation eingesetzten Nervenzellen seien vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen worden. Als Ausgangsmaterial für die vom Patent geschützten Vorläuferzellen dienen demgegenüber embryonale Stammzellen. Diese können nach den Ausführungen in der Patentschrift unter anderem aus Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium gewonnen werden, was mit der Zerstörung der Embryonen verbunden ist.
Der Kläger – Greenpeace e.V. – hat dieses Patent mit der gegen den Patentinhaber Prof. Dr. Brüstle gerichteten Nichtigkeitsklage angegriffen, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Prozessgeschichte
Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht (Bundespatentgericht, Urt. v. vom 5. Dezember 2006, 3 Ni 42/04) hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Es hat dieses Ergebnis auf § 2 Abs. 2 des deutschen Patentgesetzes (PatG) und die gleichlautende Regelung in Art. 6 der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 gestützt.
Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts hat der Patentinhaber Berufung eingelegt.
Der Bundesgerichtshof hat nach einer ersten mündlichen Verhandlung eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung von Art. 6 der Richtlinie eingeholt (vgl. dazu BGH, Vorlagebeschluss vom 17.12.2009). Der EuGH hat mit Urteil vom 18. Oktober 2011 (C-34/10 – Brüstle/Greenpeace) unter anderem entschieden, dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an ein „menschlicher Embryo“ im Sinne der Richtlinie ist, dass der Patentierungsausschluss sich auch auf die Verwendung von menschlichen Embryonen zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung bezieht und dass eine Erfindung nach Art. 6 der Richtlinie auch dann von der Patentierung ausgeschlossen ist, wenn in der Beschreibung der beanspruchten technischen Lehre die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt ist, die technische Lehre, die Gegenstand des Patentantrags ist, aber die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert.
Der Patentinhaber hat sein Patent auch nach dieser Entscheidung in vollem Umfang verteidigt. Hilfsweise hat er beantragt, das Patent in geringerem Umfang für nichtig zu erklären, als das Bundespatentgericht dies getan hat.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat auf die mündliche Verhandlung dem Hilfsantrag des Patentinhabers stattgegeben und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Damit ist das Patent nichtig, soweit Vorläuferzellen aus menschlichen embryonalen Stammzellen umfasst sind, bei deren Gewinnung Embryonen zerstört worden sind. Der Patentschutz bleibt hingegen bestehen, soweit menschliche embryonale Stammzellen durch andere Methoden gewonnen werden. Dies geht über den vom Bundespatentgericht für zulässig erachteten Umfang des Patentschutzes hinaus.
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs hat das Patent im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der erteilten Fassung keinen Bestand, weil ansonsten der mit § 2 PatG nicht vereinbare Eindruck vermittelt würde, die in der Beschreibung mehrfach erwähnte Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen aus Embryonen sei von der Patentierung mit umfasst und werde dadurch vom Staat gebilligt.
Die mit dem Hilfsantrag verteidigte eingeschränkte Fassung ist hingegen nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Hierfür hat es der Bundesgerichtshof als ausreichend angesehen, dass es Methoden gibt, mit der menschliche embryonale Stammzellen ohne Zerstörung von Embryonen gewonnen werden können. Vor diesem Hintergrund hat er es für zulässig erachtet, dass der Patentinhaber den Patentanspruch mit einer allgemein gefassten Einschränkung versieht, ohne dass es näherer Klärung bedarf, ob es noch weitere gangbare Wege gibt, auf denen menschliche embryonale Stammzellen ohne Zerstörung von Embryonen gewonnen werden können.
Den Einsatz von menschlichen embryonalen Stammzellen als solchen hat der Bundesgerichtshof nicht als Verwendung von Embryonen im Sinne der Richtlinie qualifiziert. Stammzellen weisen nicht die Fähigkeit auf, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen. Dass sie unter Umständen durch Kombination mit bestimmten anderen Zellen in einen Zustand versetzt werden können, in dem sie über die genannte Fähigkeit verfügen, reicht nicht aus, um sie schon vor einer solchen Behandlung als Embryonen ansehen zu können.
Urteil vom 27. November 2012 – X ZR 58/07 (Link folgt nach Urteilsveröffentlichung)
Quelle: u.a. BGH Pressemeldung v. 27.11.2012.