Verhandlungstermin in dieser Sache ist der 12. April 2011 gewesen. Die Beklagte hat jedoch die Revisionen zurückgenommen. Der Verhandlungstermin ist daraufhin aufgehoben worden.
Es standen zwei Sachen zur Verhandlung an, die „Lehman-Zertifikate“ zum Gegenstand hatten, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich dabei um die ersten Verfahren aus diesem Themenkomplex, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu verhandeln hat.
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.
Am 23. August 2007 rief ein Mitarbeiter der Beklagten den Ehemann der Klägerin in dessen Büro an und empfahl ihm die in seinem Depot befindlichen, in kleinen Stückzahlen gehaltenen Aktien zu verkaufen und von dem Erlös „Twin-Win-Zertifikate 8/2007“ der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. zu erwerben. Am Ende des Telefongesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, erteilte dieser der Beklagten den Auftrag, sieben der empfohlenen Zertifikate zum Nennwert von jeweils 1.000 € für ihn zu erwerben. Diese Zertifikate sind an die Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index gebunden. Nach Ablauf des fünfjährigen Beobachtungszeitraums wird das Zertifikat zum Nominalwert zuzüglich der absoluten Wertentwicklung des Index zurückbezahlt und zwar unabhängig davon, ob die Wertentwicklung positiv oder negativ verlaufen ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Index während des gesamten Beobachtungszeitraums nicht auf 50% des Indexstandes zum 24. August 2007 absinkt oder diese Barriere unterschreitet. Tritt dies ein, so wird dem Anleger zum Laufzeitende kein Barbetrag ausgezahlt, sondern ein Ersatzzertifikat geliefert, das an der Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index teilnimmt und eine Laufzeit bis zum Jahr 2057 hat. Dieses Ersatzzertifikat hätte von der Emittentin ab dem Jahr 2014 jährlich gekündigt werden können, worauf der Ehemann der Klägerin nicht hingewiesen wurde.
Mit Insolvenz der Emittentin und der Investmentbank Lehman Brothers, die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin – gestützt auf mehrere Beratungsfehler – die Rückzahlung von 7.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der sieben Lehman-Zertifikate.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar eine Beratungspflichtverletzung insoweit verneint, als die Beklagte nicht auf eine mögliche Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hingewiesen hat. Angesichts der positiven „Ratingnoten“, die die Emittentin bis fast zur Insolvenz gehabt habe, habe kein Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen müssen. Einen Beratungsfehler hat das Berufungsgericht jedoch darin gesehen, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Ersatzzertifikate, die der Anleger erhält, wenn die 50%-Barriere des Index während des Beobachtungszeitraums erreicht oder unterschritten wird, ab dem Jahr 2014 von der Emittentin gekündigt und fällig gestellt werden können. Durch diesen fehlenden Hinweis habe beim Anleger der unzutreffende Eindruck entstehen können, er könne zwischenzeitliche Kursverluste der bis zum Jahr 2057 laufenden Zertifikate „aussitzen“.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Aktenzeichen Verfahren 1
- BGH XI ZR 85/10
- LG Frankfurt am Main – Urteil vom 31. August 2008 – 2-19 O 287/08
- OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 17. Februar 2010 – 17 U 207/09 (veröffentlicht WM 2010, 613)
Aktenzeichen Verfahren 2
- BGH XI ZR 294/10
- OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 14. Juli 2010 – 17 U 11/10.
- LG Frankfurt am Main – Urteil vom 8. Dezember 2009 – 2-26 O 135/09
Quelle: u.a. Terminhinweise des Bundesgerichtshofs