Die Kläger waren Handelsvertreter der Beklagten, die ihrerseits Finanzprodukte vertreibt. Sie bezogen zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit von der Beklagten verschiedene Gegenstände, unter anderem Werbemittel, Briefpapier und Visitenkarten, die mit dem Logo der Beklagten versehen waren. Zudem überließ die Beklagte den Klägern ein Softwarepaket, für das ein monatliches Entgelt zu entrichten war. Die jeweiligen Bestellungen der Kläger bei der Beklagten sowie das Nutzungsentgelt für das Softwarepaket wurden den Klägern in den jeweiligen Provisionsabrechnungen des Folgemonats berechnet. Dasselbe galt für Kosten von Fortbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen, an denen die Kläger teilnahmen. Zudem zog die Beklagte den Kläger die Kosten für eine von ihr herausgegebene und an die Kunden der Kläger versandte Zeitschrift von den Provisionszahlungen ab. Mit der Klage verlangen die Kläger die von der Beklagten einbehaltenen Beträge heraus.
Das Landgericht hat die Klage im einen Fall (VIII ZR 10/10) vollständig, im anderen Fall mit Ausnahme der Kosten des Softwarepakets abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht die Urteile abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge mit Ausnahme der Kosten für Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Der Anspruch der Kläger sei berechtigt, denn die von der Beklagten vorgenommenen Abbuchungen vom Provisionskonto seien gemäß § 86a Abs. 3 HGB* unwirksam.
Gemäß § 86a Abs. 1 HGB* schulde der Unternehmer die kostenlose Überlassung von Unterlagen an den Handelsvertreter, die dieser zur Ausübung seiner Tätigkeit benötige. Der Begriff der Unterlagen sei dabei weit zu fassen. Der Unternehmer müsse grundsätzlich alle produktspezifischen Hilfsmittel aus seiner Sphäre bereitstellen, auf die der Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware angewiesen sei. Dies sei bei den Gegenständen, welche die Kläger von der Beklagten erhalten hatten, der Fall. Allerdings bestehe kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten, die den Klägern für ihre Teilnahme an Seminaren, Schulungen und Fortbildungskursen entstanden seien, denn eine Schulung sei keine „Unterlage“ im Sinne des § 86a HGB. Hierbei müsse es sich um körperliche Gegenstände handeln.
Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgt die Beklagte ihre Anträge auf Klageabweisung weiter. Die Kläger begehren mit der Anschlussrevision auch eine Erstattung der Fortbildungskosten.
* § 86a HGB:
(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
Aktenzeichen:
- BGH VIII ZR 10/10
- LG Hannover – Urteil vom 10. Februar 2009 – 26 O 51/08
- OLG Celle – Urteil vom 10. Dezember 2009 – 11 U 50/09
und
- BGH VIII ZR 11/10
- LG Hannover – Urteil vom 02. März 2009 – 24 O 40/08
- OLG Celle – Urteil vom 10. Dezember 2009 – 11 U 51/09
Quelle: u.a. Terminhinweise des Bundesgerichtshofs